Ich weiß, Spritzen tun eigentlich nicht weh. Der kleine Pickser ist zumeist kaum zu spüren. Und wenn ich ihn spüre, dann ist eigentlich auch alles wieder vorbei … nur bis dahin ist es ein Drama!
Seit meiner Kindheit, so ca. am Ende der Grundschulzeit, habe ich eine Panik vor diesen Nadeln. Durch eine Rückenmarksakupunktur lag ich sechs Wochen flach und davon vier Wochen am Tropf. Dieses Trauma habe ich bis heute nicht bewältigt bekommen. Seit dem braucht jeder, der mir eine Spritze verpassen will mindestens eine halbe Stunde bis sie drin ist.
Es ging schon so weit, dass mich ein Zahnarzt, der unbedingt spritzen wollte, mich nach einer halben Stunde aus der Praxis geschmissen hatte. Ein anderer Zahnarzt ließ sich auf meinen Vorschlag ein erst zu spritzen, wenn ich tatsächlich Probleme wegen Schmerzen während der Behandlung habe. Er war sehr verwundert, dass alles aber dann sogar ohne Betäubung gemacht werden konnte und ich absolut keine Probleme mit dem Bohren hatte.
Auch wurde ich mal mit dem Fahrrad angehalten. Es war die Zeit schwerer Depressionen, die ich gar mit Alkohol versuchte weg zu trinken (aber das klappt nicht – weiß ich heute). Angehalten wurde ich, weil ich um vier Uhr nachts über eine rote Ampel gefahren war. Es war absolut kein Auto zu sehen und drum fuhr ich damals nach einer Minute über die Ampel – nur hatte ich nicht hinter mich gesehen. Zwar hatte ich sonst kein auffälliges, eher im Gegenteil sicheres und rasches Fahrverhalten gezeigt, doch am anderen Ende der Fußgängerzone hatten sie mich dann doch abgefangen. Die Beamten damals rochen den Alkohol und ich musste schlussendlich gar eine Blutprobe auf der Wache abgeben … was natürlich ein Problem werden sollte. Es endete damit, dass mich fünf Polizisten auf dem Boden festhielten, während der Amtsarzt mir die Spritze zur Blutabnahme verpasste. Die folgende Anzeige wegen Widerstand gegen die Staatsgewalt wurde aber zum Glück wegen meiner Aussage mit erwähnter Spritzenpanik fallen gelassen.
Und nun landete ich ja mit dem Krankenwagen in diesem Krankenhaus. Und auch wieder musste ja für irgend welche Untersuchungen Blut abgenommen werden – natürlich wieder mit einer Spritze. Dass es diesmal nur 20 Minuten ging, grenzte eigentlich schon fast an ein Wunder. Eigentlich kann ich das nur auf diese ständig lachende und dadurch wohl beruhigende Stimme der witzelnden Laborassistentin zurück führen. Durch die selbe Nadel, die mir im Arm drin gelassen wurde, hatte man mich dann auch zur OP hin betäubt.
Doch da war ja dann noch eine andere Sache. Und da es sich um eine Substanz handelte, die nicht in die Vene, sondern ins Gewebe hinein sollte, waren ja eigentlich noch andere Spritzen fällig: Thrombosespritzen. Bereits in den Nächten vor der OP sollten mir die ersten verabreicht werden. Nur waren die Schwestern nicht ganz so geduldig und gaben nach fast einer halben Stunde auf. „Sie können sich die Spritze auch selber geben – wir lassen ihnen die Spritze mal da.“ Am nächsten Tag fand dann irgend wann eine Schwester die Spritze. „Oh, das ist aber schon nötig. Das werden wir heute Abend nach holen.“ Und am Abend begann das Spiel wieder von Vorne.
Am zweiten Abend nach der OP ging ich soweit, dass ich darauf achtete, dass ich eben nicht im Zimmer war wenn die Schwestern mit besagten Spritzen kamen. Doch dadurch wurde der Nachtpfleger auf mich angesetzt … brachte aber auch keinen Erfolg. Er ließ irgend wann davon ab mit den Worten: „Nun, so viel wie Sie hier rumlaufen sollte wohl eh keine Thrombose aufkommen.“
An dem darauf folgenden Abend fragten die Schwestern nur noch: „´ne Spritze“ und hielten sie in die Höhe. Ich wurde weiß im Gesicht „Okay, wir lassen davon ab.“ Danach wurde in beiderseitigem Einverständnis diese Spritzerei ganz eingestellt.
Warum ich an dem Abend die Farbe aus dem Gesicht verlor hatte an dem Tag noch eine anderen Grund … denn da war noch etwas anderes: Meiner Mutter war von einem meiner letzten Arztbesuchen (wegen einer starken Prellung am linken Knöchel einige Monate zuvor) noch im Hinterkopf, dass ja eigentlich mein Tetanusschutz wieder aufgefrischt gehöre, vor dem ich mich damals erfolgreich geschaffte hatte zu drücken. Dies teilte sie auch einer Schwester mit und diese einem Arzt. So kam es, dass doch wieder jemand mit einer Spritze vor mir stand. „Ähm … ich muss gerade ganz dringend aufs Klo.“ „Okay, wir kommen später wieder.“ Ich hatte es aber dann auch geschafft mich nach meinem Toilettengang auf die Dachterrasse zu verdrücken. Auf diese Weise hatte ich zumindest an dem Tag Ruhe davor.
Am nächsten Tag waren aber wieder zwei Schwestern im Zimmer mit besagter Spritze. Wir wollten es versuchen – in den Bauch. Aber wie immer überkam mich meine Panik und ließ es nicht zu. Nach einigen Versuchen besprachen wir erst mal Alternativen – entweder ins Bein, oder in den Arm. Auch ins Bein ließ meine Panik nicht zu – also in den Arm. Für den Arm würde aber eine andere Nadel benötigt. Eine der beiden Schwestern verließ das Zimmer um eine andere Spritze zu holen. Zurück kam sie dann mit einer weiteren Schwester und einem Assistenzarzt. Dieser erklärte mir erst mal um was es bei Tetanus gehe und warum es unbedingt in einer Spritze verabreicht werden müsse. Er stand rechts von mir auf der anderen Seite des Betts, auf dem ich auf der Seite saß – also fast hinter mir. Eine Schwester ging in der Zeit vor mir etwas in die Hocke, eine weitere nahm sachte meinen linken, operierten Arm und die Dritte, ebenfalls hinter mir, kümmerte sich um meinen rechten Arm. „Okay, ich fang jetzt an!“ meinte der Assistenzarzt. Mir wurde fast schwarz vor Augen und während ich gar wieder in einer Fluchtbewegung aufstehen wollte packte mich die vor mir in leichter Hocke stehende Schwester an den Schultern und versuchte mich auf dem Bett zu halten. Sie riss die Augen auf, als sie bemerkte, wie mir die Farbe aus dem Gesicht lief. Die Spritze tauchte in meinen Arm. „Alles Okay mit Ihnen?“ fragte sie mit erschrockener Stimme. „Ja … geht wieder … die Spritze ist drin.“ Ich kam wieder zu Kräften und die Farbe in meinen Gesicht kam auch langsam wieder zurück.