Es ist jetzt etwas mehr als einen Monat her, als der Unfall passierte – es ist noch kein Monat seit dem ich wieder aus dem Krankenhaus zurück bin. Gemischte Gefühle umspannen mich, wenn ich zurück denke – Gefühle der Wut, aber auch Gefühle der Trauer, Gefühle des Leidens, aber auch Gefühle der Freude.
Einerseits könnte ich mich über den 18-jährigen Schnösel aufregen, der mir die Vorfahrt genommen hatte. Doch was will man von so einem Fahranfänger schon erwarten? Ihm fehlte ja doch noch die Erfahrung des praktischen Alltags. War ich denn besser im ersten Jahr des Führerscheinbesitzes? Nein. Mein erstes Auto wurde bereits nach drei Monaten zum Schrottplatz gebracht. Der Unterschied ist nur, dass ich damals niemanden in Mitleidenschaft gezogen hatte. Und so kam schon im Krankenhaus eine gewisse Wut auf mich selbst auf. Immer wieder frage ich mich, warum ich ihn nicht rechtzeitig als Gefahr erkannt hatte. Denn dadurch hätte der Unfall wohl meinerseits vermieden werden können.
Doch es gab noch was, das mich ärgerte und mir einfach keine Ruhe ließ: Der Blackout beim Sturz. Es gab zuvor nur einen Blackout während eines Sturzes bei mir in der Vergangenheit. Damals war es aber nicht wirklich verwunderlich, denn seit dem weiß ich, dass man sich lieber mit einem Taxi Heim fahren lässt nachdem man von einem irischen Kneipenwirt eingeladen wurde seine eigens importierte Whisky-Kollektion zu probieren. Es war fein, doch wurde Tags drauf neben einer Lungenprellung noch ein Haarriss in der vierten und fünften Rippe fest gestellt. Im Vergleich dazu war diesmal die Rippenprellung noch harmlos. Nur den Blackout diesmal konnte ich mir nicht wirklich erklären. Ich hatte ja schon einen ähnlichen Unfall hinter mir: Damals kam mir ein Mustang vor’s Vorderrad und ich stieg bei 120 Sachen ab. Innerhalb von 15 Metern konnte ich nicht weiter von den mindestens 180 runter bremsen. In meinen Erinnerungen sehe ich heute noch den Auspuff und das Profile des Hinterreifens, auf das ich zu rutschte. Zum Glück ist er damals gleich zur Seite gefahren, denn ich will nicht wissen, was passiert wäre, wenn ich gar auf den Hinterreifen drauf gerutscht wäre. Zwei Meter vor dem abgestellten Mustang konnte ich nach der Rutschpartie aufstehen, doch auch wenn meine Kleidung in Mitleidenschaft gezogen war, so hatte ich damals selber keine Verletzungen – nicht mal eine Schürfwunde. Vielleicht hat genau diese Erinnerung mein Gehirn zu einem Blackout veranlasst. Wenn dem so sei, dann kann ich schon fast über mich selbst trauern – bin ich schon so alt?
Die Sache mit meinem ersten Knochenbruch stört mich aber immer noch am meisten. Es sind nicht die immer mal wieder aufkommenden Schmerzen, es ist die fehlende Bewegungsfreiheit an der ich am meisten zu knausern habe. Wenn man einfach nicht das machen kann, was man will und andauernd auf Hilfe angewiesen ist. Ich will über dieses Leiden gar nicht weiter drüber nachdenken – einfach nur durch und fertig. Langsam wird es ja besser.
Und dann sind da ja noch die kleinen Sachen, die einen wieder aufbauen. Angefangen von den Leuten, die vorbei kommen und einem helfen, obwohl man es von diesen am wenigsten erwartet hätte. Über die zwar sarkastischen, aber auch gut gemeinten Scherze, die immer wieder gemacht werden. Bis hin zur Vorfreude, wenn alles wieder soweit in Ordnung ist. Am interessantesten dabei fand ich immer noch, wie man doch gerade in so schlechten Zeiten des Leidens erfährt, wer seine waren Freunde sind. Doch am meisten baute mich die Hoffnung auf wohl bald auf einer Dakar zu sitzen – ein gewisser Traum sollte dadurch war werden.
Aber bis dahin heißt es nun abwarten. Abwarten auf das, wie sich alles entwickelt: Auf die Heilung des Handgelenks, genauso auf die Entscheidungen der Versicherungen und Anwälte um endlich zu erfahren, wie man künftig überhaupt weiter machen kann. Und dann noch die Sache mit den Jobs – doch das wird sich wohl auch erst im nächsten Jahr entscheiden.
Und bis dahin … abwarten.