Es waren doch immer die selben auf der Dachterrasse und nach ein paar Tagen grüßte man sich auch mit einem Nicken oder ähnlich dezenter Geste wenn man sich dort traf. Doch erst in den letzten beiden Tagen meines Aufenthalts kam man ins Gespräch. Dabei stellte sich heraus, dass ich nicht der einzige Mopedfahrer hier war – eher im Gegenteil hatten fast alle dort oben unabhängig des Geschlechts schon ihre Erfahrungen mit motorisierten Zweirädern über 125 Kubik gemacht.
Der Eine, ein älterer Mann bereits in Rente, schwelgte in Erinnerungen vor allem aus seinem frühen Leben als endlich Erwachsener, wie er nach dem Krieg mit seiner alten NSU immer zur Arbeit fuhr. Später dann schien er einen BMW-Boxer sein eigen zu nennen, der sogar noch irgendwo in einem Schuppen stehen dürfte. „Das waren Zeiten.“ hörte man immer wieder.
Der Nächste, ein Mann der Arbeiterschaft von einem Schlag, den man einfach nicht unter kriegen konnte, erzählt ebenfalls von seinen ganzen Mopeds. Angefangen von seiner ersten Kreidler als Jugendlicher, über diverse andere Maschinen, die danach kamen, bis hin zu seinem nun schon langjährigen Stolz einer „Güllepump“, die er heute immer noch fahre. Auch diskutierten wir über die Unfälle, die mit solchen Gefährten als passieren und irgend wie zum Mopedfahren dazu gehören.
Eine sehr zierliche Frau, ebenfalls in den besten Jahren, tat es fast schon leid, dass sie seit Jahren, seit dem das mit dem Darmgeschwür angefangen habe, nicht mehr mit ihrem Cruiser durch die Lande habe fahren können. Aber sie hoffte, dass wenn das ganze endlich vorbei sei und sie wieder bei Kräften wäre, sie dann doch wieder in diesen Genuss gelangen könne.
Auch andere auf der Dachterrasse setzten sich bei diesen Gesprächen dazu und fingen an ebenfalls ihre Geschichten zu erzählen. Durch dieses Thema wurde plötzlich die doch etwas gespannte Stimmung auf dem Dach, die durch die Leiden zustande kam und die jeder Einzelne mit sich deprimiert herum trug, gelöst. Trotz der Unannehmlichkeiten, die dieser Aufenthalt hier für jeden bedeutete, wurden die Gespräche so zu einer aufheiternden Abwechslung.
Einst kam ich aber auch mit meinem Chirurgen auf das Thema zu sprechen. Er fragte mich nach dem Moped, mit dem der Unfall geschehen war. Ich gab ihm die Angaben meiner 650er BMW und er staunte: „Ahh … ein Motorrad!“ Darauf hin kamen wir ins Gespräch. Er erzählte mir, dass er noch nach seinem Studium immer die Motorräder der Patienten gefahren sei. Und er selber sogar eine ziemlich schnelle Maschine gehabt habe. Er könne sich noch daran erinnern, wie er mit 280 Sachen durch die Lande gebraust sei. Doch nach einem tödlichen Unfall von einem guten Freund habe er damit aufgehört. Nur langsam sehe er bei seinen Jungen, wie sich doch auch die Technik weiter entwickelt habe und so hatte er nun auch mal wieder eine der Maschinen sich ausgeliehen. Aber er traue sich nicht mehr über 180. Ich musste innerlich lachen.